Die Inschriften des Ammertals bis ca. 1806

Das Projekt

Die „Inschriften des digitalen Ammertals“ sind das nachbearbeitete Ergebnis von vier Lehrveranstaltungen, die in Zusammenarbeit des Instituts für Geschichtliche Landeskunde und Historische Hilfswissenschaften und der Masterprofillinie Digital Humanities an der Universität Tübingen zwischen dem Wintersemester 2018 und dem Sommersemester 2021 durchgeführt wurden. Angelegt als ein Lehrforschungsprojekt, wurde ein besonderes Augenmerk auf die enge Verzahnung von Grundlagenforschung, universitärer Lehre und der Anwendung für die Epigraphik bisher noch nicht, beziehungsweise nur wenig genutzter Techniken gelegt.

Hinsichtlich der edierten Quellengrundlage unterscheidet sich das Projekt aus zwei Gründen von den meisten anderen Inschrifteneditionen. Zum einen wird der bei den Deutschen Inschriften vorgegebene Zeitraum bis ca. 1650 um etwa 150 Jahre bis 1806 erweitert, zum anderen handelt es sich bei der betrachteten Gemeinde Ammerbuch ausschließlich um sechs kleinere Ortschaften eines ländlichen, gemischtkonfessionellen Raumes. Somit liegt einerseits eine typische landesgeschichtlich-epochenübergreifende Edition (Anfang 14. bis Anfang 19. Jh.) vor, andererseits jedoch unterscheidet sie sich neben dem Zuschnitt der Edition vor allem in der multifunktionellen digitalen Aufbereitung. Die Transkriptionen und Annotationen sowie Abbildungen der Inschriften werden mittels zweier Medien präsentiert. Eine „klassische“ Edition wird künftig als PDF-Dokument dauerhaft über die Universitätsbibliothek Tübingen zur Verfügung gestellt werden. Darüber hinaus werden auf der vorliegenden Website die Vorteile der digitalen Edition ausgespielt: Hier erlauben unterschiedliche Darstellungsarten sowohl die Wiedergabe der Inschriften als gut lesbare, mit aufgelösten Abkürzungen und ohne Klammersystem versehene Texte, zum anderen lassen sich diese auch in Anlehnung an das Auflösungssystem der Deutschen Inschriften darstellen.

Vor allem aber ermöglicht die Präsentation auf einer Website – unabhängig von etwaigen potentiellen Druckkosten – die Wiedergabe von hochauflösenden Abbildungen, teils mehrerer für ein Objekt. Dabei spielt die Photogrammetrie für die Qualität der erstellten Abbildungen eine bedeutende Rolle. Mittels dieser ist es möglich, verzerrungsfreie Bilder zur Verfügung zu stellen. Doch stellt dies nicht die einzige Besonderheit der Edition dar. Um eine dauerhafte Nutzung der im Projekt generierten Daten zu erlauben, werden alle Daten im XML-Format gespeichert und zum Download zur Verfügung gestellt.

Projektziele

Dem Projekt „Die digitalen Inschriften des Ammertals“ liegt eine dreifache Zielsetzung zugrunde: Durch die digitale Erarbeitung der Inschriftenedition soll einerseits der Wissenschaftscommunity ein ländlicher Quellencorpus zur Verfügung gestellt und andererseits durch eine leicht lesbare, mit Abbildungen angereicherte Darstellungsweise der interessierten Öffentlichkeit die lokale Geschichte nähergebracht werden. Vor allem aber sollen auf diesem Weg auch nicht oder nur unzureichend geschützte Kleindenkmale wenigstens digital konserviert und das Wissen über sie bewahrt werden. Die Bedrohung der unterschiedlichsten Kleindenkmale, gerade in Zeiten sich häufender Wetterextreme, aber auch aufgrund intensivierter Land- und vor allem Forstwirtschaft, ist auch im Ammertal allgegenwärtig. Daher soll mit der vorliegenden Edition nicht nur ein Teil der Kulturlandschaft der Region virtuell gesichert, sondern mittels der Website auch Aufmerksamkeit für das Thema und die Vielschichtigkeit der südwestdeutschen Kulturlandschaft geweckt werden. Mit diesen drei Zielen verbindet sich noch ein weiteres, das sich nur mittelbar mit dem Projekt verknüpfen lässt: So sollen über das konkrete Vorhaben hinaus die Studierenden für beide zugrundeliegenden Teilbereiche begeistert werden. Einerseits für die an den Hochschulen nur noch marginal vertretenen Grundwissenschaften und andererseits für die auch für die Studierenden teils noch unbekannten Digital Humanities. Allerdings werden im Rahmen des Projekts nicht nur neue didaktische Impulse für die Kooperation zwischen Digital Humanities und „klassischer“ Grundlagenarbeit erhofft, sondern es wird auch experimentell versucht, für die Epigraphik und die historischen Grundwissenschaften bisher nicht oder nur kaum genutzte Techniken zu erschließen und somit auch auf diesem Gebiet neue, noch zu publizierende Erkenntnisse für die digitalen Geschichtswissenschaften zu generieren.

Die Umsetzung

Da das Projekt von wenigen Ausnahmen abgesehen – wie etwa der Tübinger Kreisbeschreibung oder der Monographie zur Geschichte der Michaelskirche in Entringen (Bauer/Scholkmann 2002) – kaum auf Grundlagen zurückgreifen konnte, musste in einem ersten Schritt, der das Fortschreiten des Vorhabens ständig begleitete, nach möglichst allen Inschriften im Untersuchungs(zeit)raum gesucht werden. Hierzu wurden Sondierungsgänge durch die Dörfer, aber auch durch deren Umgebung durchgeführt sowie insbesondere Aufrufe zur Mithilfe formuliert, die auf fruchtbaren Boden gestoßen sind und viele hilfreiche Tipps zur Folge hatten. Anschließend, und ebenfalls durchaus projektbegleitend, wurden die Inschriften – zusammen mit den Studierenden – aufgenommen. Dabei stand insbesondere die Aufnahme von Vermessungsdaten (Maße der Inschriften und Buchstabenhöhen) sowie die Aufnahme hochwertiger Fotoaufnahmen im Vordergrund. Hinzu traten die GPS-Koordinaten, die ebenfalls vor Ort aufgenommen wurden. Auch diese Schritte wurden zusammen mit den Studierenden durchgeführt, allerdings unter reger Hilfe zahlreicher Mitarbeitenden des Digital-Humanities-Centers der Philosophischen Fakultät der Universität Tübingen. Anschließend standen die Transkription, Deskription und inhaltliche Aufarbeitung der Inschriften und ihrer Träger an. Nachdem diese Schritte bewerkstelligt wurden, mussten die gewonnen Daten für die dauerhafte Speicherung und mögliche dauerhafte Weiternutzung sowie für die Aufbereitung einer Website in XML-Dokumente überführt werden. Dieser Schritt wurde, wie die meisten anderen bisher beschriebenen, in allen vier Seminaren mit den Studierenden vorgenommen.

Während beispielsweise für die Schriftbeschreibung zumindest für die Inschriften bis zum 17. Jahrhundert auf die „Terminologie zur Inschriftenbeschreibung“ der Deutschen Inschriften zurückgegriffen werden konnte, wurden hingegen zur technischen Umsetzung vor allem andere Homepages mit georeferenzierter Darstellung von Inschriften herangezogen. Die gewählte XML-Kodierung fußt zu 100 % auf den Guidelines der TEI und richtet sich zu großen Teilen nach den Vorschlägen von EpiDoc, einem TEI-basierten Standard in der epigraphischen Fachcommunity. Die XML-Daten zu jeder Inschrift werden mit XSL-T in die entsprechenden Zielformate PDF (via LaTeX) und HTML transformiert. Die Website wurde mit Hilfe von Bootstrap designt. Die Webkarte wurde mit der JavaScript-Bibliothek Leaflet erstellt. Um die Tabelle der Inschriften sortierbar zu machen wurde Table Sort von Jürgen Berkemeier verwendet. An der Umsetzung der Website waren zwei Studierende beteiligt.

Ein weiteres wichtiges Hilfsmittel für das Projekt ist die Photogrammetrie. Mit der Software Agisoft Metashape wurden zunächst für einige der Inschriften aus den hochauflösenden Fotos 3D-Modelle errechnet. Bisweilen kann auf diesen mehr erkannt werden als auf den eigentlichen Inschriften, die nicht immer in optimalen Lichtbedingungen stehen. Da die aufgenommenen Inschriften alle mit einem Tachymeter geographisch eingemessen wurden, lassen sich daraus später Orthofotos berechnen. Auf diesen verzerrungsfreien und maßstabsgetreuen Abbildungen können bspw. die Inschriftenabmaße und die Buchstabenhöhe gemessen werden – soweit nicht bereits vor Ort geschehen. So lassen sich diese, teilweise von der Witterung bedrohten, Inschriften digital dokumentieren, konservieren und langfristig zur Nachnutzung zur Verfügung stellen.

Nutzungshinweise

Die Website IDA – die Inschriften des digitalen Ammertals – bietet einen zweifachen Zugriff auf alle Inschriften vom frühen 14. Jahrhundert bis ca. 1806, die in der Gemeinde Ammerbuch im Rahmen des Projekts gefunden werden konnten. Hierbei handelt es sich um knapp 200 Objekte, die entweder geographisch über den Menüpunkt „Karte“ oder systematisch über den Menüpunkt „Inschriften“ gefunden werden können.

Beim ersten Blick auf die Karte erscheinen einige Cluster, die sich auflösen, je mehr man in die Karte hineinscrollt. Diese Darstellung ist wegen der hohen Dichte von Inschriften an einzelnen Orten, insbesondere den Kirchen, notwendig. Durch diese Darstellung ist es möglich, eventuelle inhaltliche Beziehungen zwischen den verschiedenen Inschriften besser zu erkennen oder einfach nur solche Inschriften zu finden, die einem bei einem Spaziergang ins Auge gefallen sind.

Im Menüpunkt „Inschriften“ können alle Objekte nach ihrem Standort (die sechs Ortschaften bzw. Grenzsteine), nach (teils geschätztem) Entstehungsdatum, nach Kategorie oder Material sortiert werden. Ebenso ist eine Sortierung nach den IDs möglich, jedoch erlaubt die Vergabe der ID – abgesehen vom Ortskürzel und dem teilweise vorhandenen Zusatz „k“ (etwa entr-k01) – keine weiteren Rückschlüsse außer auf die Reihenfolge, in der die Inschriften aufgenommen wurden.

Klickt man entweder in der Karte oder der Tabelle auf die jeweilige Inschrift beziehungsweise die ID, so erscheint ein oder mehrere Bilder der Inschrift sowie eine Ortsangabe, eine Zusammenfassung, eine Datierung, Materialangabe und die Angaben zu den Abmaßen. Hinzu treten Informationen zur Schrift und zum Layout mit Angaben zum Umfang des Textfeldes beziehungsweise der Textfelder. Darunter folgt die Transkription, falls notwendig ergänzend eine Übersetzung der Inschrift oder zumindest der lateinischen Teile sowie ein Kommentar mit weiterführenden Informationen und teilweise historischen Einordnungen.

Unter dem Menüpunkt „TEI“ können die XML-Dokumente heruntergeladen und für eine weitere nicht-kommerzielle Nutzung weiterverwendet werden.

Mitwirkende

Am Projekt haben zahlreiche Menschen mitgewirkt. Wir möchten allen danken, die uns Tipps und Hinweise gegeben, auf Inschriften aufmerksam gemacht oder bei technischen Problemen geholfen haben. Insbesondere haben mitgewirkt.

Koordination, Datenaufbereitung und Hilfestellung: Eva Lanz, Fabian Schwabe und Tjark Wegner.

Aufnahme und Bearbeitung der Inschriften: Frederik Ball, Felix Barth, Leon Bauer, Hilkea Blomeyer, Lisa-Marie Blömeke, David Bosch, Lucia Böck, Antonia Czarkowski, Maike Deutscher, Jasmin Hopfer, Beate Hummel, Magnus Kiessling, Enis Kosar, Constantin Kühn, Eva Lanz, Corinna Löwen, Verena Mack, Karlo Milić, Martin Offermann, Constantin Pläcking, Michaela Riegger, Daniel Schierbaum, Fabian Schwabe, Marcel Schön, Eva Suchan, Agnes Vollmer, Franziska Weber, Tjark Wegner, Darlene Wolf, Elena Zepf.

Ein besonderer Dank gilt Reinhold Bauer (Entringen) und Boris Dieter (Poltringen), die dem Projekt während der Datenaufnahme tatkräftig beim Finden, Lesen und Deuten der Inschriften zur Seite standen.

Erstellung der Orthobilder: Eva Lanz und Eva Suchan.

Technische Umsetzung: Hilkea Blomeyer (Webkarte), Corwin Schnell (Website-Aufbau & Layout) und Fabian Schwabe (Website-Aufbau, Layout & Webkarte).