Von Island nach Jerusalem

Ein Reisebericht aus dem 12. Jahrhundert

Stand: 9. Dezember 2025

Von Island nach Jerusalem – Der lange Weg dieser Website

Nikulás von Munkaþverá und seine Pilgerreise

Nikulás Bergþórsson (oder Bergsson) war ein weitgereister isländischer Gelehrter des 12. Jahrhundert. Er gilt als der Verfasser des sogenannten Leiðarvísir (dt. Wegweiser). Bevor er am 15. Juni 1158 zum ersten Abt des 1155 gegründeten Klosters in Munkaþverá geweiht wurde, unternahm er eine Pilgerfahrt von Island über Rom nach Jerusalem. Seine Reise führte ihn über Deutschland, Italien und das östliche Mittelmeer bis ins Heilige Land und nach Jerusalem.

Der Stil ist äußerst knapp. Die geradlinige Aufzählung von Orten und Entfernungsangaben in Tagen wird durch Wissenswertes zu einigen Orten und historische und mythologische Anekdoten aufgefüllt. Der Höhepunkt ist die sehr umfangreiche Beschreibung Roms, die die Beschreibung Jerusalems, des eigentlichen Ziels, bei weitem übertrifft. Insgesamt betrachtet ist der Text eine einzigartige Mischung aus konkreter Reisebeschreibung und allgemeiner Gelehrigkeit.

Handschrift

Der Text ist nur in zwei mittelalterlichen Handschriften, die beide zur Arnamagnæanischen Sammlung gehören und sich in Kopenhagen befinden, überliefert. Vollständig überliefert steht er nur in der enzyklopädischen Sammelhandschrift AM 194 8vo, die auf 1387 datiert ist. Dort ist das Itinerar ganz unscheinbar ohne Überschrift oder Ähnliches in einer Aneinanderreihung von verschiedenen geographischen Texten „versteckt“.

Bild von der Handschrift
AM 194 8vo, 12v (© Foto mit freundlicher Genehmigung der Arnamagnæanischen Sammlung, Kopenhagen)

Ebenfalls aus dieser Zeit ist das zwei Blätter umfassende Fragment AM 736 II 4to, das allerdings in der Überlieferung der kontinentaleuropäischen Städtenamen sehr fehlerhaft ist. Gewissermaßen liegt der Text also nur in einer Handschrift vor. Beide Handschriften sind in einem so schlechten Zustand, dass der Text durch Abrieb und andere Beschädigungen punktuell nicht lesbar ist.

Aufbau der aktuellen Website

Diese Website besteht aus drei wesentlichen Bestandteilen: dem Text des Itinerars mit Karte, der Einleitung und der Bibliographie. Die beiden letztgenannten Seiten sind reine Textdarstellungen ohne interaktive Elemente. Der Bereich "Text & Karte" hat hingegen mehrere Funktionalitäten, die hier kurz vorgestellt werden sollen.

Der gesamte Text des Itinerars wird im linken Fenster angezeigt. Dort befinden sich rechts oben zwei Knöpfe, mit denen man zwischen dem altnordischen Originaltext und der deutschen Übersetzung wechseln kann. Vor jedem Satz steht ein Paragraphenzeichen (¶). Mit ihm kann man satzweise zwischen den Sprachen wechseln.

Alle unterstrichenen Wörter des Textes sind annotiert. In einem Tooltip werden knappe Informationen angezeigt. Für eine ausführlichere Annotation in einem Modal kann man bei einigen Begriffen auf das Wort mehr klicken. Falls es sich um einen Ort handelt, wird die Karte zusätzlich auf ihn zentriert.

Außerdem sind im altnordischen Text Ankerpunkte für einen Seitenwechsel der Handschrift angezeigt. Wenn man auf einen solchen Anker (z.Bsp. |14r|) klickt, wird die entsprechende Seite der Handschrift in einem zoombaren Modal angezeigt.

Die Karte wird im rechten Fenster angezeigt und zeigt die geographischen Orte des Itinerars in drei farblich von einander getrennten Kategorien: Orte entlang der Hauptroute (blau), Orte an einer alternativen Route (gelb) und erwähnte Orte (rot). Zudem sind die Orte in sechs verschiedene Kategorien unterteilt. Diese erkennt man am Symbol selbst. Es sind Orte, Orte mit Kirchen, Gewässer, Gebirge bzw. Berge, Gebiete und Kirchen bzw. andere Bauwerke.

Diese sechs Kategorien sowie die Reiseroute selbst sind über das oben rechts stehende Symbol zu- und wegschaltbar. Außerdem kann der Nutzer zwischen drei verschiedenen Hintergrundkarten auswählen.

Am linken Rand der Karte befindet sich eine Lupe, hinter der sich eine Suchfunktion verbirgt. Man kann nach deutschen und altnordischen Namen suchen. Mit dem Pfeilsymbol direkt darüber kann man die Karte wieder auf die Starteinstellung zurücksetzen.

Jede Literaturangabe mit dem Symbol 📖 ist mit einem einfachen Tooltip verknüpft. Nach kurzem Warten erscheint die vollständige Literaturangabe in einer kleinen Box. Die gesamte im Projekt verwendete Literatur kann man auf der entsprechenden Unterseite einsehen.

Abriss über die Arbeit an der Webedition

Die Arbeit am Itinerar des Abtes Nikulás begann bereits im Wintersemester 2014/15 als ein Lehrprojekt von der Tübinger Skandinavistik und dem damaligen eScience-Center (heute: Digital Humanities Center). Ziel der Veranstaltung war es, den teilnehmenden Studenten anhand dieses recht kurzen und in der Altnordistik bekannten Textes, bestimmte Arbeitsweisen aus den sogenannten "Digital Humanities" näher zu bringen. Die Grundidee war eine annotierte Webedition des Itinerars, das häufig mit dem altisländischen Titel Leiðarvísir bezeichnet wird, im Zusammenspiel mit einer interaktiven Karte.

Screenshot der Webedition von 2015
Screenshot der Webedition von 2015: Text und Annotation in der Karte

Nach kurzen Einführungen zum Inhalt des Itinerars und zur Handschriftenlektüre fand im Seminar hauptsächlich Projektarbeit statt. Die Studenten wählten selbständig ihren thematischen Schwerpunkt und ihre Annotationen aus. Die Arbeit mit der Handschrift selbst erwies sich für Anfänger als zu schwierig, weil der Text von 1387 die Zeit nicht unbeschadet überstanden hat, aber auch nicht sehr sorgfältig angefertigt worden war.

In einem weiteren Kurs im Sommersemester 2015 wurden alle Annotationen redaktionell überarbeitet und zusammen in einem XML-Format abgespeichert. Am Ende wurde im November mithilfe der Software Omeka mit dem Plugin Neatline die erste Website online gestellt. Die Edition umfasste den kompletten Text des Itinerars als normalisierten altnordischen Text mit Übersetzung ins Deutsche. Alle Annotationen wurden von den Teilnehmern der beiden Seminar selbständig konzipiert und geschrieben. Im Juli 2016 kam die Einleitung zum Itinerar von Sebastian Holtzhauer (damals Universität Osnabrück) hinzu.

Die Wartung der angepassten Software stellte im Laufe der Zeit ein immer größer werdendes Problem dar. Die Webedition ging über den Verlust einzelner Komponenten schrittweise offline. Die Arbeit der vielen Beteiligten sollte nicht verloren gehen, so wurde überlegt, die Edition neu und diesmal ganz ohne Frameworks als eine einfache Website zu veröffentlichen.

Im Sommersemester 2025 wurde erneut eine Lehrveranstaltung angeboten, um gemeinsam das Material auf- und umzuarbeiten. Am Ende war die Beteiligung leider zu gering, um das Vorhaben komplett umzusetzen. Nur durch die Unterstützung einer Hilfskraft konnte das Projekt schließlich im Dezember 2025 abgeschlossen werden. Durch den Einsatz von nur basalen Webtechnologien, HTML, CSS und JavaScript, wird die neue Version hoffentlich langlebig und sehr lange online sein.

Am Projekt beteiligte Personen

An der Entstehung dieser Website haben viele Personen in unterschiedlichem Ausmaße mitgewirkt. Die Ergebnisse der ursprünglichen Website von 2015 wurde in mehreren Schritten ausgebaut, bis die heutige Website entstanden ist.

Projektleitung: Fabian Schwabe (Masterprofillinie DH)

Websiteumsetzung: Roberto Ottink (2025)

Abschlusskontrolle der beiden Textfassungen: Fabian Schwabe (Masterprofillinie DH)

Einleitung zum Itinerar (2016): Sebastian Holtzhauer (damals Universität Osnabrück)

Kursleitung (2014/15): Prof. Dr. Stefanie Gropper (Skandinavistik), Fabian Schwabe (damals eScience-Center)

Mitwirkung in Rahmen von Lehrveranstaltungen

Annotationen (2014/15): Annika Condit, Hannes Hofer, Miriam Hohenberger, Julius Jansen, Katharina Karner, Eva Meixner, Julia Moldt, Beatriz Plechl, Franziska Reichardt, Sebastian Schiebel, Mona Schmidhuber, Sören Sigg, Charlotte Wenner

Redaktionelle Arbeiten (2015): Jana Hausmann, Katharina Karner, Marlene Keßler, Dominik Manal, Frederic Menke, Sören Sigg

Annotationen mit KI (2025): Siria Laurato

Überarbeitung des alten Materials (2025): Siria Laurato, Calvin Tatje

Arbeit am Webdesign (2025): Joline Hülse, Roberto Ottink, Dominik Wüest von Vellberg

An dieser Website wurde ausschließlich in regulärer Arbeitszeit oder im Rahmen von akademischen Unterricht gearbeitet. Die Aufarbeitung des Textes und die Annotationen weisen sicherlich selten kleinere Fehler oder Tippfehler auf. Die Annotationen, insbesondere zu Orten und Personen, sind darüber hinaus nicht vollständig, weil der Rechercheaufwand für die Beteiligten einfach zu hoch war.

Wenn Sie einen Fehler gefunden haben oder einen Ort bzw. eine Person identifizieren konnten, der bzw. die bisher nicht annotiert ist, melden Sie dies gern mir, Fabian Schwabe (fabian.schwabe@uni-tuebingen.de). Ich freue mich, wenn diese Website mit der Zeit immer besser wird.